Donnerstag, 3. Oktober 2013

PC-Review: Völgarr the Viking - Offenbarungseid für Casual-Gamer

(Eine überarbeitete Fassung dieses Testberichts findet ihr hier: http://www.gamersglobal.de/user-artikel/voelgarr-the-viking)

Titel: Völgarr the Viking
Hersteller: Crazy Viking Studios
http://www.crazyvikingstudios.com/
Erschienen: 2013
Gespielt auf: PC

Der Startbildschirm: Wir orientieren uns radikal nach rechts


Auf Kickstarter scheint alles mögliche und unmögliche vertreten zu sein. Die Entwicklung dort ist für uns Zocker jedenfalls extrem spannend zu verfolgen. Von der Planung bis hin zum eigentlichen Spiel, dass dann endlich auf der heimischen Kiste ausgiebig gespielt werden darf - ein Prozess, der einem leeren Blatt gleicht, dass irgendwann mal ein fertiges Buch wird.
Wie ich nun erneut feststelle: Finanzierung, Diskussion, Work in Progress - alles schön und gut - aber so richtig interessant wird es letztlich doch nur, wenn man das Produkt in seiner vollen Reife auch endlich mal spielen darf. So geschehen bei Volgarr the Viking. Und das hat von vorne herein schon mit seiner Härte gewarnt, nur was für die "Core-Gamer" zu sein.


Rastan - auf dem Commodore 64

Schon nach den ersten zehn Minuten in Volgarr the Viking ist klar, von wem sich die Macher inspiriert haben lassen. Das alles wirkt wie ein Rastan 2.0 - dieser knüppelharte Plattformer mit dem Conan-Verschnitt, den Taito 1987 via Arcade-Automat (später auch Umsetzungen für diverse Konsolen und Heimcomputer) auf die Menschheit losgelassen hat.
Volgarr setzt auf die gleiche Simplizität: springen und schlagen. Und ab und an mal einen Speer auf die Gegner werfen. Dazu gesellt sich ein Schwerthieb nach unten, den man anwenden kann, wenn man sich im freien Fall befindet.  Eine Doppelrolle in der Luft ist ebenfalls drin. Aber das war es dann auch schon. Bereits nach wenigen Minuten hat man seinen Charakter im Griff, da hier keine unzähligen Moves auswendig gelernt werden müssen. So einfach kann das Heldenleben manchmal sein.


Ableben leicht gemacht - schon zu Beginn

Wo die Steuerung relativ leicht und intuitiv daherkommt, setzt Volgarr aber im Gegenzug schon zu Beginn auf Gegnermassen und fordert vollste Konzentration, um das elende Gesocks dort in die Schranken zu weisen. Wer mit genügend Naivität an das Spiel rangeht, der stirbt schon im allerersten Abschnitt des Spiels ein paar Dutzend Tode.
Früh wird einem bewusst, wie essentiell wichtig zusätzliche Ausrüstung ist. Die findet man alle paar Bildschirme immer wieder mal in Schatztruhen gebunkert. Ein besserer Schild, Helm, Feuerschwert - all das ersetzt eine nicht vorhandene Lebensanzeige des muskelbepackten Wikingers. Darauf haben die Entwickler nämlich bewusst verzichtet. Denn wenn der Spieler einstecken muss, dann sieht er es sofort anhand seiner Spielfigur:. Das Feuerschwert ist futsch, der Schild zerbricht, der Helm knickt in seine Bestandteile zusammen ... während der, nur noch mit dem Schwert bewaffente Volgarr, dann bei einem erneuten Treffer Blut und Knochen nach allen Seiten verteilt.
Game Over? Nein. Nur noch zwei Leben übrig? Auch das nicht, Unsterblichkeit sei Dank. Aber man wird gnadenlos zurück zum Anfang der rar gesäten Speicherpunkte teleportiert.


Odin sei Dank: ein Schild!


Nur mit einem brauchbaren Schild lassen sich Schläge und Projektile im letzten Moment noch abwehren.
Da manche Monster mehrere Schläge einstecken - und auch gerne mal zurückschlagen - ist ausreichender Schutz das A und O. Wer ohne Schild durch die Pampa läuft, hat es gleich doppelt so schwer.
Zudem leidet das Spiel an der Castlevania (oder Ghosts'n'Goblins-) Krankheit und macht dem Spieler klar: ein Sprung ist ein Sprung! Deal with it!
Man hat also keine Möglichkeit während einer Sprungpassage oder einem freien Fall noch irgendwie die Richtung von Volgarr zu ändern. Was sich auf dem Papier so rudimentär harmlos anhört, entwickelt sich innerhalb des Spiels zu einer echten Zerreißprobe. Jeder Sprung muss sitzen und sollte am besten vorher abgewägt werden.
Und rumgehüpft wird hier nicht gerade wenig, denn die Speere bleiben im Mauerwerk haften. Dadurch erreicht man höher gelegene Plattformen. Die Viking Studios haben es sich nicht nehmen lassen, das ausgiebig auszunutzen - schwierig zu erreichende Plattformen gibt es dort des Öfteren Mal.


Wir sichern uns ab, indem wir Speere in die Wand kloppen



Ohne gutes Timing bleibt die kriechende Schlange hier Sieger

Es dauert nicht lange, bis man im Spiel gewisse Stellen erreicht, die scheinbar völlig unlösbar sind. Spätestens beim Endgegner der allerersten Welt sitzt man erst mal ein paar Sekunden ratlos davor, da sein Schild der Kategorie "Ich: Riese! Du: nichts!" restlos alles abwehrt, was man ihm so entgegen werfen könnte.
Und selbst wenn sich einem die Lösung offenbart: man benötigt wahrscheinlich gleich mehrere Anläufe, um sich das Timing anzueignen, das benötigt wird, um ihm wortwörtlich die Fresse zu polieren.
Anstrengend.
Aber am Ende konsequent, denn genau so erwartet man es doch von einem BOSS am Ende eines Levels, oder nicht?

The incredible Hulk trägt neuerdings hübsche Accessoires: der Endgegner von Welt 1

Und so hüpft und schnetzelt man sich durch die Welt von Volgarr the Viking, fühlt sich in die 80er und 90er Jahre zurückversetzt, weil man das Spiel nach und nach auswendig lernt um es zu meistern, und erfreut sich an der unheimlich präzisen Steuerung. Fehler werden im Spiel selten verziehen - aber am Ende des Tages liegt es doch nur an dem Spieler selbst, diese Fehler nicht zu begehen.
Der Grafikstil ist sehr eigen und weiß nicht wirklich zu gefallen. Man wusste wohl selbst nicht genau, ob man nun einen Retro-look haben wollte oder sich doch eher an aktuelle Flash/Indie-Produktionen anlehnen sollte. Herausgekommen ist dabei dann ein kruder Mischmasch zwischen Retro und Moderne, der streckenweise wirkt, als hätte die Liebe zum Detail gefehlt.
Aber zumindest die Animationen sind ganz ordentlich. Volgarr und eine Vielzahl der Gegner bringen sich hübsch in Szene mit ihren Bewegungen.
Gelungen ist auch die orchestrale Musik, die zwar den einen oder anderen prägenden Ohrwurm vermissen lässt, aber mit ihrer heroischen Ausrichtung schon voll ins blutige Geschehen passt
Mit insgesamt 6 großen Welten besitzt das Spiel auch einen richtig guten Umfang. Da dürften selbst bei extrem versierten Spielern sehr viele Stunden draufgehen, bis man am Ende dem allmächtigen Drachen gegenübertritt, der Dreh- und Angelpunkt der müden Hintergrundgeschichte ist.
Apropos: Hintergrundgeschichte? Interessiert doch keine Sau, bei diesem Hack&Slay in guter, alter 16-Bit Tradition.


Auch Unterwasser wird weiter gekämpft


Fazit:

Hart: 6 Welten und nur 6 Speicherpunkte! Den Checkpoint am Beginn eines Levels kann man ja nicht wirklich mitzählen. Und ist der PC einmal ausgeschaltet, heißt es: wieder ganz von vorne.
Ich fühl mich da spontan in seelige Amiga-Zeiten zurückversetzt, lerne auswendig, fluche laut und probiere es trotz extrem frustiger Momente dennoch erneut. Nur hochkonzentriert lässt sich dieses Spiel meistern.
Und hochkonzentriert zu spielen bedeutet: mittendrin statt nur dabei. Quasi EINS mit dem Spiel.

Man kann jedem nur von Volgarr the Viking abraten, der nicht auf bockeschwere Spiele steht.
Ein Zeitlimit oder begrenzte Leben hätten dem Ganzen nur noch die Krone aufgesetzt. Zum Glück hat man darauf dann aber verzichtet.
Casual-Gamer zu sein ist keine Schande, sofern wir einen Casual-Gamer jetzt einmal als jemanden definieren, der nur zwischendurch mal spielt und es dabei auch schön entspannend und leicht haben möchte.
Wenn ihr zu diese Art von Spielern gehört, könnt ihr der abschließenden Wertung hier mal locker 3 Punkte abziehen.
Allen anderen kann ich nur zum kauf raten. Wer endlich mal wieder eine richtige Herausforderung haben möchte, der sollte in seine Wikingerstiefel steigen, sein Schwert umschnallen und sich seelisch auf den Tod (und schlimmeres) vorbereiten. To hell and back again! Well done, Crazy Viking Studios!

Wertung:   8 / 10




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